Ein Schmuckstück neugotischer Schnitzkunst
Ein prachtvoller, neugotischer Hochaltar schmückt den Chor von St. Dominikus in Datteln-Meckinghoven. Eine lange und wechselvolle Geschichte rankt sich um diesen Altar, denn die Idee für dieses Werk stammt sicherlich aus der Zeit vor 1870, die Fertigung für die Kirche St. Maria Viktoria in Berlin-Mitte fällt in das Jahr 1910 und über den Einbau in die Meckinghovener Kirche berichtet die Klosterchronik im Jahre 1940. Dass dieser wunderschöne Hochaltar in Datteln zu bewundern ist, das ist den Dominikanern zu verdanken. Denn 67 Jahre lange unterhielt ihr Orden ein Kloster in Meckinghoven, und in dieser Zeit haben sie 1907 die Kirche St. Dominikus erbaut und 1940 den Hochaltar in den Chor der Kirche einbauen lassen.
Drei Männer müssen erwähnt werden als Schöpfer und Väter dieses Kunstwerks:
Der Wiener Dombaumeister Freiherr Friedrich von Schmidt fertigte – nach seinem jahrelangen Wirken in Köln – nicht nur die Pläne für den Bau der Düsseldorfer Dominikaner-Niederlassung St. Joseph in der Herzogstraße, sondern auch den Entwurf für einen prächtigen Hochaltar, der den formellen Ansprüchen der Dominikaner entgegenkommt, die materiellen Möglichkeiten des Ordens aber 1870 übersteigt.
Der Düsseldorfer Architekt Caspar Clemens Pickel, dem die Bauaufsicht vor Ort übertragen worden war, durfte diesen Entwurf an sich nehmen. 40 Jahre später griff er darauf zurück, als er den Bau einer weiteren Dominikaner-Niederlassung St. Maria Viktoria in Berlin-Mitte plante und koordinierte.
Der Erkelenzer Bildhauer Peter Tillmanns erhielt 1910 den Auftrag, diesen Altar zu stechen, den der Freiherr von Schmidt Jahre zuvor entworfen hatte.
In der Dominikanerkirche in Datteln-Meckinghoven fand dieser Altar dann 1940 seine endgültige Heimat, nachdem die Berliner Kirche wegen Baufälligkeit abgerissen werden musste.
Im Advent und in der Fastenzeit wird der Hochaltar geschlossen.
Die Odyssee des Heiligen Johannes.
Es war ein langer und beschwerlicher Weg nach Meckinghoven.
Der Architekt Friedrich Schmidt (1825-1891) fertigte die Baupläne für die Dominikanerkirche St. Joseph in Düsseldorf im Jahr 1861 an. Er kam damals aus der Kölner Dombauhütte und wirkte später als Dombaumeister am Wiener Stephansdom. In der Zeit des Deutsch-Französischen Krieges (1870-1871) und des Bismarck´schen Kulturkampfes kamen die Baumaßnahmen dort jedoch zum Erliegen. Erst in den Jahren um 1888/1890 wurde der Bau dann nach den Schmidt´schen Plänen unter der Bauleitung von Caspar Clemens Pickel (1847-1939) fertiggestellt. Während der Bau selbst den ursprünglichen Plänen folgte, musste die Innenausstattung aus Kostengründen schmaler ausgeführt werden. Zu den nicht umgesetzten Elementen gehörte damals auch der Hochaltar. Die nicht ausgeführten Pläne wechselten in Pickels Besitz; sie kamen später beim Bau der Dominikanerkirche St. Maria Viktoria in Berlin Mitte zum Einsatz.
Während die Dominikaner ihre ländliche Meckinghovener Niederlassung eher einfach und bescheiden eingerichtet hatten, ließen sie Architekt Pickel wissen, dass die städtische Berliner Niederlassung aufwändig und prunkvoll ausgestaltet werden sollte. In den Unterlagen, die er nach dem Tod vom Freiherrn von Schmidt übernehmen konnte, fand er den passenden Entwurf, die Pläne, die Schmidt für die anspruchsvolle Inneneinrichtung der Dominikaner-Kirche in Düsseldorf vorgesehen hatte, die aber aus Geldmangel nie verwirklicht worden waren.
Für die Umsetzung des Altars beauftragte Pickel 1910 den Erkelenzer Bildhauer Peter Tillmanns. Obwohl Peter Tillmanns nie mit Friedrich Schmidt zusammengearbeitet hat, war er mit Sicherheit mit dessen Arbeit vertraut, denn auf Pläne von Schmidt geht auch der Altar in der Kirche von Erkelenz-Keyenberg zurück.
Hochaltar - der Hauptaltar für Gott
Früher war der Hochaltar der Hauptaltar einer katholischen Kirche. Deshalb ist er oft sehr groß und mächtig gebaut und im erhöht gestalteten – über Treppenstufen erreichbaren – Chorraum aufgestellt. Von dort aus hielt der Priester den Gottesdienst, meist mit dem Rücken zur Gemeinde. Zentral in der Mitte des Altars befindet sich der Tabernakel, als Aufbewahrungsort der konsekrierten Hostien. Neben den drei Bildern, die die Geburt, die Kreuzigung und die Auferstehung Jesu zeigen, verrät die Auswahl der vier Heiligenfiguren, die im linken und rechten Außenflügel als Teilnehmer der heilsgeschichtlichen Ereignisse zu sehen sind, viel über die geistigen Wurzeln der Schöpfung, über Raum und Zeit, in denen die Ideen für diesen Altar ihren Ursprung haben. Und sie geben erste Hinweise, welche Wirkung dieser Altar auf die Gemeinde der Gläubigen ausüben sollte.
Der Dominikanerorden legte stets Wert darauf, dass die vorbildliche Lebensführung und Wundertätigkeit seiner herausragenden Mitglieder allgemein bekannt wurden. Die Anzahl der Heiligen und Seligen, die die Dominikaner hervor gebracht haben, ist deshalb hoch. Jede Gelegenheit wurde genutzt, sie herauszustellen und zu preisen. Diese Grundeinstellung veranlasste Schmidt, die biblischen Bilder mit Figuren zu ergänzen, die das Leben des Ordens und der Kirche beispielhaft geprägt haben.
So stehen im linken Flügel des Hochaltars von St. Dominikus in Datteln-Meckinghoven – also auf der Evangelienseite - der Hl. Johannes von Köln neben der Hl. Barbara, im rechten Flügel – auf der Epistelseite – neben der Hl. Katharina der Hl. Petrus der Märtyrer. Während die beiden Frauen, die auch zu den 14 Nothelfern zählen, häufig – oft auch gemeinsam - im kirchlichen Raum anzutreffen sind, stößt man nur selten auf Darstellungen dieser beiden heiligen Männer. Da die beiden aber in ihrem aktiven Leben als Dominikanerprediger tätig waren, erweist sich ihre Anwesenheit in einer Klosterkirche der Dominikaner als passend und sinngebend.
Ein Segen für Datteln
Doch wie kam der Altar dann 30 Jahre später von Berlin nach Datteln-Meckinghoven? Die Kirche in Berlin erlitt starke Schäden durch den U-Bahn-Bau, die 1938 zum Abriss der Kirche führten. Die gesamte Ausstattung sollte im Vechtaer Dominikanerkloster weiter verwendet werden. Aufgrund des drohenden Krieges und der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus musste dieser Plan jedoch aufgegeben werden. Das Kircheninventar aus Berlin war damit heimatlos. Im März 1940 begann dann der Transport des Hochaltars, der Kreuzwegfiguren, die ebenfalls von Tillmanns stammen, und vieler anderer Einrichtungsgegenstände nach Datteln-Meckinghoven. Schließlich konnte im Mai 1940 die alte Ausstattung an seinem neuen Ort wiedererstrahlen.