Etienne-Bach-Preis

 

 

Seit 2017 verleiht die Evangelische Kirchengemeinde Datteln den Etienne-Bach- Preis. Der Preis ist mit 1000 Euro dotiert. Er erinnert an die Person von Capitaine Etienne Bach (1892-1986) und sein Engagement für Frieden und Versöhnung zwischen den Völkern Europas nach dem Ersten Weltkrieg, Als französischer Besatzungsoffizier reichte er an Karfreitag 1923 während der Ruhrbesetzung den Deutschen die Hand zur Versöhnung,

 

Der Etienne-Bach-Preis wurde ins Leben gerufen mit dem Ziel, Brückenbauerinnen und Brückenbauer – Einzelpersonen oder Initiativen –, die sich im Geiste Etienne Bachs für Verständigung und Versöhnung zwischen Menschen verschiedener Völker, Kulturen und Religionen einsetzen, auszuzeichnen. Anwärter auf den Preis müssen ehrenamtlich tätig sein und sich in der Region engagieren.

 

 

Etienne Bach und Datteln

 

Der französische Pfarrer Etienne Bach (1892-1986) kam – nachdem er im Ersten Weltkrieg als Leutnant der Alpenjäger gekämpft hatte – 1923 als Besatzer nach Datteln. Am 30. März 1923 kommt es hier zu der Begegnung, die später als „Dattelner Abendmahl“ bekannt wurde. Der französische Offizier trifft beim Abendmahl im Lutherhaus auf den Vertreter des Amtes Datteln, Karl Wille. Die Feinde reichen sich die Hand und versprechen einander, sich künftig als Christen zu respektieren und zum Wohl der Bevölkerung miteinander im Gespräch zu bleiben. Für Etienne Bach ist dies ein Schlüsselmoment, der der „Macht Christi“ zu verdanken sei. Fortan engagiert er sich für die internationale Friedensarbeit. So gründet er 1924 das weltweit tätige Friedenswerk „Kreuzritter des Friedens“, schließt sich im 2. Weltkrieg der Resistance an. Nach dem Krieg kehrt Bach in den Pfarrdienst in seiner Heimat zurück und engagiert sich weiterhin auf vielfältige Weise für den Frieden. Aus seinen „Kreuzrittern“ wird der „Christliche Friedensdienst“. Als Etienne Bach 1963 Datteln einen Besuch abstattet, stiftet er zum Gedenken an die „unerwartete Begegnung“ von 1923 einen Abendmahlskelch, der später Siegelmotiv der Evangelischen Kirchengemeinde wird. 2014 entscheidet sich die Evangelische Kirchengemeinde Etienne Bach ein ehrendes Andenken zu bewahren und benennt ihr Gemeindehaus nach dem französischen Pfarrer.

 

 

2022: Der Etienne-Bach-Preis für Gerda E.H. Koch und Alan Hoffstadter

 

Im Rahmen einer Feierstunde in der Dattelner Lutherkirche erhielten Gerda E.H. Koch, die Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit im Kreis Recklinghausen, und Alan Hoffstadter, ein Sohn von Charlotte Goldberg, der es 1934 mit 15 Jahren gelang, in die USA auszuwandern, den Etienne-Bach-Preis 2022.

 

Als ehrenamtliche Vorsitzende der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Kreis Recklinghausen e.V. moderiert Frau Koch seit vielen Jahren das Gespräch zwischen Christen und Juden in unserer Region. Der Verein wurde bereits 1961 gegründet und sollte zunächst vor allem Jugendliche an das Thema Judentum in Deutschland heranführen. Mit den Jahren hat sich das Spektrum der Arbeit stark erweitert. Heute sind es vor allem Vorträge, Ausstellungen, aber immer noch auch die Arbeit mit jungen Menschen, die zu den Aufgaben der Gesellschaft gehören.

Dabei hat in den vergangenen Jahrzehnten Frau Koch immer wieder eine wichtige Rolle gespielt, Im Kreis Recklinghausen gilt sie als die treibende Kraft für das Streben nach Verständigung und Versöhnung zwischen Christen und Juden. Als aktives Mitglied der Zivilgesellschaft sieht sie sich gefordert, jüdisches Leben in Deutschland zu fördern und zu schützen. Dazu gehören für sie auch Aktivitäten im schulischen Raum, um der jungen Generation deutlich zu machen, wohin Antisemitismus führen kann. Sie möchte die jungen Menschen motivieren, sich für eine demokratische Gesellschaft einzusetzen, in der Antisemitismus keinen Platz haben darf.

Immer wieder hat Frau Koch ihr Entsetzen über den wachsenden unverhohlenen Antisemitismus, der sich bis in die Mitte der Gesellschaft ausgebreitet hat, zum Ausdruck gebracht, dass es ein inakzeptabler und skandalöser Zustand sei, dass jüdische Bürgerinnen und Bürger in Ausübung ihres Rechts auf freie Religionsausübung durch entsetzliche Anschläge auf Synagogen bedroht werden.

Frau Gerda E.H. Koch, Vorsitzende der Gesellschafr für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Kreis Recklinghausen e.V.


 

Alan Hoffstadter schlägt eine Brücke zwischen der belasteten Vergangenheit und unserer von zunehmendem Antisemitismus gekennzeichneten Gegenwart, zwischen dem amerikanischen Exil, das zur neuen Heimat der Goldbergs wurde, und deren alter Heimat Datteln. Im Zuge des Beitritts von Bürgermeister André Dora zur Initiative „Bürgermeisterinnen und Bürgermeister gemeinsam gegen Antisemitismus“ ist Herr Hoffstadter auf die Stadt Datteln zugekommen und hält seitdem den Kontakt über den Atlantik zu Datteln, er steht in ständigem Austausch sowohl mit der Stadtverwaltung als auch mit verschiedenen Bürgern und Bürgerinnen in unserer Stadt.

 

 

Ihm ist bewusst, dass seine Mutter Charlotte Goldberg in Datteln geboren wurde und hier eine glückliche Kindheit verbracht hat. Seine Mutter, die Datteln zeitlebens in lebendiger Erinnerung behielt, hat ihm vermittelt, dass seine Wurzeln auch hier bei uns liegen. Von ihr hat Alan Hofstadter ein von Bitterkeit und Ressentiment freies Verhältnis gegenüber Deutschland und der deutschen Kultur vererbt bekommen. Der Austausch zwischen ihm und Datteln ist über die Jahre zu einer innigen, von Versöhnung und Verständnis geprägten Beziehung geworden.


Alan Hoffstadter ist ein Enkel von David und Hedwig Goldberg, die bis 1933 in Datteln die Geschicke eines großen Kaufhauses am Tigg lenkten. Nach der Machtergreifung durch die Nazis erkannte die in Datteln erfolgreiche und angesehene Familie Goldberg sehr schnell die aufziehenden Gefahren für die jüdische Bevölkerung, sie verkauften ihr Dattelner Geschäft und flüchteten in die USA. Alan Hoffstadter lebt heute in Illinois, er war der Veranstaltung per Video-Konferenz zugeschaltet.

 

Beide Preisträger wurden mit dem Etiennne-Bach-Preis 2022 für ihre Verdienste ausgezeichnet, Brücken zu bauen und sich für Verständigung und Versöhnung zwischen Menschen verschiedener Kulturen einzusetzen, jeder auf seine Weise.

 

Vereint auf einem Bild, die Preisträger, Laudatoren und Vertreter des Auswahlkuratoriums: Links Pfarrer Thomas Mämecke als Vertreter der Evangelischen Kirchengemeinde, die den Etienne-Bach-Preis verleiht, auf der Leinwand per Video-Konferenz aus den USA zugeschaltet einer der beiden Preisträger Alan Hoffstadter, die Preisträgerin Gerda Koch mit der Verleihungsurkunde, Bürgermeister André Dora als Vertreter der Stadt Datteln und Laudator für Herrn Hoffstadter, Jörg Schürmann aus Recklinghausen, der die Verdienste von Frau Koch würdigte, und Theodor Beckmann, Vorsitzender des Plattdeutschen Sprach- und Heimatvereins als Mitglied des Auswahlkuratoriums.

 

2019: Der Etienne-Bach-Preis für das Organisations-Team des „Festes der Kulturen“

 

Im Sommer 2015 wurde das 1. Fest der Kulturen auf dem Dattelner Neumarkt gefeiert. In zahlreichen Treffen hatten sich zuvor Tina, Kirsten, Tülin, Moritz und Lea ihre Ideen und Vorschläge ausgetauscht und waren zu einem großartigen Team geworden. Die Mitglieder des Orga-Teams wollten sich für eine offene, tolerante, dynamische und bunte Welt einsetzen. haben daraufhin unsere Als Ergebnis unserer Planung und Vorbereitung steht ein super Programm und Event, auf das man sich nur freuen kann. Zusammen für eine vielfältige Gesellschaft! Einen Tag lang sollte nur das positive und schöne in unserem Leben und in unserer Gesellschaft im Vordergrund stehen. Von Beginn an standen die Fünf nicht allein, auch Bürgermeister André Dora war, als er von dieser Initiative und ihrem Anliegen zum ersten Mal hörte, sehr beeindruckt von der Idee und hat sich sehr darüber gefreut, das Projekt zu unterstützen.

 

 

 

Im Laufe der Jahre wechselten die Team-Mitglieder. Doch für jedes Team um Kirsten Augello und Tülin Engüdar war es eine selbstverständliche Sache, gegen Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und alle anderen menschenverachtenden Einstellungen vorzugehen. Mit ihrem Kulturfest wollten sie diese Meinung unter dem Motto „Vielfalt macht stark“ gemeinsam mit anderen teilen, gegen alle menschenverachtenden Einstellungen kollektiv vorgehen und so unsere Welt noch mehr stärken.


Und nicht nur das erste, sondern inzwischen sechs Kulturfeste boten die Möglichkeit, mit den verschiedensten Menschen, in schöner Atmosphäre, in Kontakt zu kommen. Im Mittelpunkt des Treffens stand ein gemeinsames Picknick. Alle Menschen waren herzlich eingeladen, ihr Essen mitzubringen und es zu teilen. Denn gerade über das Essen können viele miteinander ins Gespräch kommen und sich gegenseitig und somit ihre Kulturen besser kennenlernen. Daneben gab es jeweils Kinderaktionen, Gewinnspiele und ein abwechslungsreiches und unterhaltsames Bühnenprogramm: z.B. mit Live-Musik und Tanz-Vorführungen wie Bauchtanzen und Zumba.

 

Dieses langjährige gesellschaftliche Engagement hat die Evangelische Kirchengemeinde Datteln am 17. November 2019 mit dem Etienne-Bach-Preis 2019 honoriert.

 

Die Preisträgerinnen und Preisträger des Etienne-Bach-Preises 2019 stehen in der vorderen Reihe von links: Irina Riekötter, Jennifer Vollmer, Steffen Hohmann, Nadine Hohmann, Tülin Engüdar, Kirsten Augello, Johanna Hecht, Christina Joemann

 

2017: Der Etienne-Bach-Preis für Zaphne Stretton

 

Zur ersten Preisträgerin des Etienne-Bach-Preises wurde im Jahre 2017 Zaphne Stretton ausgewählt, Partnerschaftsbeauftragte der Stadt Cannock und auch Trägerin des Ordens des Britischen Empires. Sie erhielt den Etienne-Bach-Preis für ihr Bürgerengagement, weil sie sich in besonderer Weise für die Völkerverständigung und für die Freundschaft unter den Völkern eingesetzt hat, weil sie Brücken gebaut hat, die andere später wie selbstverständlich nutzen.

 

Motor der Städtepartnerschaft zwischen Cannock und Datteln

Zaphne Stretton ist das Gesicht der Städtepartnerschaft Cannock-Datteln. Außerdem war sie seit Jahrzehnten offizieller Town-Twining-Officer des Council of Cannock Chase – ein Ehrenamt, das sie ausfüllte, seit sie vor zwei Jahrzehnten zum ersten Mal Bürgermeisterin in Cannock war. Als Bürgermeisterin war sie auch das erste Mal nach Datteln – gekommen; damals hatte sie zum ersten Mal die britische Insel verlassen. Seitdem stellte sich heraus, dass sie die richtige Frau für diese Aufgabe war: Die Städtepartnerschaft zwischen ihrer Heimatstadt Cannock und der Partnerstadt Datteln war ihr in all den Jahren ein besonderes Anliegen, das sie mit viel Herz, aber auch mit Verstand ausgefüllt hat.


Mit den Jahren wurde sie zum Motor der Beziehungen zwischen den beiden Städten, hat sie gefestigt und ausgebaut. Cannock und Datteln hatten sich von Anfang an – also schon 1971 – vorgenommen, sich über ihre unterschiedlichen Kulturen auszutauschen. Aber auch das Verständnis zwischen den Völkern zu fördern. Die Versöhnung sollte voranschreiten und es sollte Frieden zwischen den ehemaligen Feinden der beiden Weltkriege geschlossen werden. Vor allem Letzteres, den Frieden mit dem alten Feind zu schließen, fiel Zaphne Stretton sehr leicht durch die Begegnung mit den Dattelnerinnen und Dattelnern. Alle Vorurteile, die sie jemals gegen Deutsche gehabt haben mag, haben sich in herzliche Zuneigung verwandelt.

 

Vorbildlicher Einsatz für die europäische Integration

Zaphne Strettons unermüdlicher Einsatz für die europäische Integration und für die deutsch-englische Völkerverständigung ist vorbildlich. Ihrem Einsatz ist es zu verdanken, dass die Brücke zwischen Cannock und Datteln noch immer vorhanden ist. Sie existiert nicht nur institutionell, sondern stellt auch eine lebendige Verbindung dar. Beides zusammen macht sie zu einer starken Bindung, die heute mehr denn je erforderlich ist.

Es gab aber auch einen zweiten, aktuelleren und vielleicht sogar wichtigeren Grund, dass gerade sie diesen Preis 2017 bekommen hat: In einer Zeit, als alle über den Brexit sprachen, hat sie sich um Europa bemüht, hat erkannt, welches friedensstiftende Potenzial diese Gemeinschaft fernab aller wirtschaftlichen Vorteile und Verflechtungen hat.

 


Der Etienne-Bach-Preis 2017 der Evangelischen Kirchengemeinde Datteln wurde Zaphne Stretton im Rahmen einer kleinen Feierstunde in der Lutherkirche am 19. November 2017 überreicht.

 

Jetzt lesen:

Die Berichterstattung der Dattelner Morgenpost:

Die Verleihung der Etienne-Bach-Preise 2022, 2019 und 2017

 

 

Die Perlen der Stadt